Zu der aktuellen Diskussion um das „Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität“ sowie den Antworten der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage „Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität ein Jahr nach dem Anschlag von Halle nicht in Kraft“ erklären Renate Künast, MdB und Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender:

Das „Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität“ ist auch ein Jahr nach dem Anschlag von Halle noch immer nicht in Kraft. Die Antworten der Bundesregierung auf unsere Kleine Anfrage offenbaren eine absolute Planlosigkeit bei der Reparatur dieses wichtigen Gesetzes.

Auf die verfassungsrechtlichen Probleme, aufgrund derer der Bundespräsident das Gesetz bisher nicht ausfertigt, haben wir von Beginn des parlamentarischen Prozesses durch mehrere Anträge hingewiesen und konkrete Lösungsvorschläge präsentiert. Dennoch haben CDU/CSU und SPD das Gesetz am 18. Juni 2020 im Bundestag beschlossen.

Spätestens mit der Verkündung der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts am 17. Juni 2020 zum Umgang mit Bestandsdaten hätte die Bundesregierung umgehend einen Plan zur Reparatur des Gesetzes vorlegen müssen. Doch über vier Monate später ist sie noch immer nicht in der Lage, darzulegen, wie sie plant, weiter mit dem Gesetz umzugehen.

Es ist ungeheuerlich, dass die Bundesregierung es nicht für nötig erachtet, das Parlament, also das Verfassungsorgan, das das Gesetz beschlossen hat und die nötigen Änderungen gemeinsam mit dem Bundesrat beschließen müsste, über all diese Vorgänge in geordneter Weise zu informieren.

Berichte der Bundesregierung und unser Antrag „Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität unverzüglich verfassungskonform ausgestalten“, der dazu konkrete Lösungsvorschläge präsentiert, wurden heute zum wiederholten Male von den Tagesordnungen der Fachausschüsse abgesetzt. Dass die Abgeordneten von CDU/CSU und SPD dieses durchsichtige Spiel der Bundesregierung mitspielen, ist parlamentarisch unwürdig.

Auch inhaltlich scheint die Bundesregierung nichts dazugelernt zu haben. Bei dem Kernstück des Gesetzes, der Meldepflicht der Anbieter an das BKA, sieht sie, anders als der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags und Prof. Bäcker in seinem Rechtgutachten, keinerlei Korrekturbedarf.

Ein zweistufiges Melde-Verfahren bleibt unbedingt notwendig, um die Rechte der Bürgerinnen und Bürger zu wahren und eine Lahmlegung des BKA durch eine Flut an Meldungen zu verhindern. Ein verfassungskonformes zweistufiges Verfahren hatten wir in einem Gesetzesänderungsantrag formuliert, der jedoch abgelehnt worden ist. Dass die Justizministerin die Reparatur allein an das Innenministerium abzuwälzen versucht, irritiert und macht insgesamt wenig Hoffnung auf verfassungsrechtlich tragbare Lösungen.

Bundesregierung und insbesondere Innenminister Seehofer müssen Parlament und Öffentlichkeit umgehend über ihr weiteres Vorgehen informieren und dem Parlament schnellstmöglich ein neues, verfassungskonformes Gesetz gegen Rechtsextremismus und Hasskriminalität vorlegen.

Die Antworten auf unsere Kleine Anfrage „Gesetz zur Bekämpfung von Rechtsextremismus und Hasskriminalität ein Jahr nach dem Anschlag von Halle nicht in Kraft“ finden Sie HIER.
Das Rechtsgutachten von Prof. Bäcker, das Rechtsgutachten des Wissenschaftlichen Dienstes sowie unseren Gesetzesänderungsantrag zum Zweistufenverfahren finden Sie HIER.