Baden-Badener Schüler*innen treffen Renate Künast in Berlin

10.07.2017 Schüler der 10. Klassen des Gymnasiums Hohenbaden in Baden-Baden interviewten Renate Künast im Rahmen ihrer einwöchigen Berlin-Studienfahrt zur aktuellen Politik. Eine Schülerin berichtet.

Bericht von Sophie Kräuter

Wir trafen Renate Künast am 5. Juli 2017 im Paul-Löbe-Haus in Berlin und befragten sie zu ihrer Motivation, in die Politik einzusteigen. Sie habe sich in jungen Jahren gegen die Atomkraft wehren wollen, entgegnete Künast, zudem waren ihr die damaligen Parteien zu langweilig und männerdominiert. Mit dieser Einstellung sprach sie die Anti-AKW-Bewegung der Grünen in Kombination mit dem großen Anteil an Frauen sehr an. Und  bis heute vertritt sie die Inhalte dieser Partei.

Wir wollten wissen, was sie sich in zehn Jahren von ihrer Partei erhofft?

Sie wünscht sich für die Zukunft der Grünen, dass weniger interne Sitzungen stattfinden und mehr Fortschritte in den Bereichen Lebensmittel und Landwirtschaft erzielt werden. Es solle in Zukunft viel mehr über unsere Ernährung nachgedacht und Produkte regional gekauft werden, um verwendete Chemie und weite Transportwege zu verringern. Zudem glaube Künast an den zukünftigen Einsatz von Elektroautos und Alternativen, wie beispielsweise der häufigere Gebrauch von Fahrrädern im Straßenverkehr.

Das führte uns zu unserer nächsten Frage, wie sie mit der kontroversen Meinung Winfried Kretschmanns, des grünen Ministerpräsidenten von Baden-Württemberg, umgehe, der den Umstieg auf E-Autos bis zum Jahre 2030 als unrealistisch erachtet. Kretschmann sei zwar Mitglied der gleiche Partei, hätte aber anderen Arbeiten nachzugehen, erwiderte Künast, eine Partei könne nicht identisch sein mit einem Ministerpräsidenten. Sie wisse, dass es sich bei dem Umstieg um eine mühevolle Änderung handle, doch sei sie ihr eigenes Original und nur durch den Druck ihrer Radikalität fördere sie den Fortschritt. Mit einem Erfolg zu einem späteren Jahr als 2030 könnte sie daher auch leben, Hauptsache es sei etwas passiert.

Auf unsere Frage hin, weshalb sie das Herabsenken des Wahlalters auf 16 Jahre befürworte, erläuterte sie, dass bei Migranten und Jugendlichen das Nichtwahlrecht störend sei. Gerade den Jugendlichen sollte die Möglichkeit geboten sein, für ihre Zukunft wählen zu können, da sie so manches Dilemma länger ertragen müssen als die jetzigen Erwachsenen. Ein maximales Wahlalter solle allerdings nicht eingeführt werden, da niemand das Recht haben sollte, jemandem aus Altersgründen das Wahlrecht abzusprechen.

Zum Thema Ehe für alle äußerte Künast, dass alles erlaubt sei, solange keine Rechte anderer tangiert werden. Bei dieser Verantwortungsübernahme sei die sexuelle Orientierung egal und auch hinsichtlich des Kindeswohls gäbe es keinen Unterschied, zudem ist ihr die Ehe für alle lieber als eine Einführung mehrerer Sonderrechte.

Da sich Renate Künast für die Legalisierung von Cannabis ausgesprochen hatte, haben wir uns erkundigt, was ihre Hintergründe hierfür waren und ob sie nicht doch irgendwelche Gefahren befürchte. Da sie das Jugendschutzgesetz beibehalten möchte, sieht Künast eher Vorteile als Nachteile. Substanzen wie Alkohol und Medikamente seien ebenso schädlich und trotzdem frei zugänglich, argumentiert sie, durch die Legalisierung von Cannabis solle daher der Markt klar von harten Drogen getrennt und die Händler besser ausfindig gemacht werden.

Auch auf ihren Besuch in der Facebook-Löschzentrale in Berlin sprachen wir Frau Künast an, da sie die erste war, die diese Einrichtung besuchen durfte. Sie habe das Gefühl, es werden immer noch zu wenige Beiträge gelöscht, doch könne sie dies auch nachvollziehen, da nicht jede eingehende Meldung auch strafbar sei. Daher müsse alles erst sorgfältig ausgewertet werden. Der Grat, was noch zu Kunst und Satire zählt, ist schmal und meist auch Ansichtssache, auch die Meinungsfreiheit mache viele Beiträge nicht strafbar, daher sollte es immer Community-Regeln, also Richtlinien, die besonders für die betreffende Plattform gelten, geben, nach deren Kriterien schärfer gelöscht werden kann.

Hinsichtlich des Parteienänderungsgesetzes sagte Künast, dass man keine Partei aufgrund ihrer aggressiven Haltung gegen das Parlament verbieten dürfe. Erst einmal müsse man das Potential einer Partei einschätzen und dann könne man gegebenenfalls die finanziellen Mittel entziehen, wofür Renate Künast allerdings nicht sei. Sie erachtet die NPD als den falschen Gegner und sieht die PEGIDA und die AFD als gefährlicher im Vergleich zur betroffenen NPD an. Sie wolle die Grundprinzipien der Demokratie nicht so einfach ändern und ist daher für eine Offenlegung und Kürzung von Spendengeldern. Letztendlich empfindet Renate Künast dies nicht als wichtigsten Bereich der derzeitigen Politik und erachte beispielsweise das Herabsenken des Wahlalters als viel zentraler.

 

Sophie Kräuter, Klasse 10b, Gymnasium Hohenbaden, Baden-Baden